Die Nacht auf meinem Notquartier war perfekt. Ich wurde von beruhigenden Kirchenglocken geweckt.
Nach dem Frühstück und nach einer Gassirunde mache ich mich auf die Kirchenburg von Honigberg zu entdecken.
Und ich muss sagen die Burg ist sensationell. Sie wird von Dan und Isabell mit viel Herzblut geführt. Man spürt in jedem Winkel diese besondere Energie. Beide sprechen perfekt Deutsch. Dan kann unglaublich gut erzählen und hat ein würde umfassendes Wissen über die Geschichte. Als ich so zugehört habe, sind plötzlich viele Beobachtungen und Eindrücke die ich auf der Reise gesammelt habe, wie Puzzleteile auf ihren richtigen Platz gerutscht und haben ein großes, stimmiges Ganzes ergeben.
Ein wenig geschichtliches von Dan heute erzählt bekommen.
Der ungarische König erlaubte dem Deutschen Orden 1211 sich hier niederzulassen. Obwohl er keine Burgen und Klöster aus Stein erbauen durfte, baute er hier die romanische Kirche und 13 km entfernt die erste Marienburg (diese blieb jedoch unvollendet -nach der Vertreibung wurde die zweite Marienburg in Polen errichtet) Die Kirche war bereits durch eine Ringmauer gesichert und erhielt 1290 einen Glockenturm auf der Westseite.
Der deutsche Orden übersiedelte ganze deutsche Dörfer in dieses Gebiet. So auch Honigberg. Nachdem er jedoch sehr territoriale Ansprüche hatte, wurde er 1225 wieder vertrieben, aber die deutschen Siedlungen blieben bestehen.
Diese waren anfangs katholisch, aber mit einem Schüler von Luther der hierher zurückkehrte, den Buchdruck und die deutsche Bibel mitbrachte und Schulen für Mädchen und Burschen gründete, wenn sie lutherisch wurden, entstand eine friedliche Konvertierung zum evangelischen Glauben.
Die Siedlungen wurden jedoch immer wieder von feindlichen Heeren bedroht. Im 15. Jh. wurden Turm und Schiff gotisch überformt sowie ein zweiter Burgring zugefügt. Die Ringmauer wurde auf 12 m erhöht und mit sieben Verteidigungstürmen aufgerüstet. Eine dritte, heute verschwundene Mauer umgab den 1814 zugeschütteten Wassergraben. In diesem Bereich wurde das Vieh untergebracht. Auf der Innenseite des ersten Berings wurde ein zum Teil noch erhaltener Wehrgang mit Gaden angebaut. Ungewöhnlich sind die Vorratskammern, die sich auf der Südseite direkt an die Kirche gebaut.
Die Kirchenburg wurde vor allem im 16. und 17. Jahrhundert mehrfach belagert und angegriffen, konnte aber nie eingenommen werden. Die dritte Burgmauer war an der Innenseite komplett mit Lagerräumen bebaut. Dort hatte jede Familie ihren Lagerplatz für Lebensmittel und Saatgut (auch Heu und Stroh wurde gelagert). Bei Gefahr mussten nur mehr die wenigen persönlichen Wertsachen und das Vieh in die Burg gebracht werden. Die Versorgung mit Wasser erfolgte über Brunnen, die sich innerhalb der Befestigungen befanden. So konnte eine Belagerung gut ausgesessen werden und das feindliche Heer hatte nichts zu rauben und damit Versorgungsengpässe. Zusätzlich boten die dicken Burgmauern auch in friedlichen Zeiten ein perfektes Klima für die Lagerung von Lebensmittel.
Im östlichen Wehrturm sind in einer vorreformatorischen Kapelle hervorragende Fresken erhalten.
Nachdem mir Dan dann auch noch seinen liebevoll gestalteten Campingplatz im Pfarrhof gezeigt hat, habe ich meine Pläne umgeschmissen und habe hier mal Quartier bezogen. Von meinem Fenster aus kann ich am gegenüberliegenden Schornstein einen Storch beobachten. Uns im Kirchenturm gibt es brütende Turmfalken und Fledermäuse 🦇. Ein genialer Ort um alle Eindrücke zu ordnen und zur Ruhe zu kommen. Bei einem Glas gutem rumänischen Bio-Rotwein.